TASTWEGE führt zu einer direkten, persönlichen Begegnung mit der heutigen Bildhauerkunst. Ein relativ kleiner Raum enthält sorgfältig ausgewählte, aktuelle Ausstellungsstücke. Jedes Kunstwerk zeigt etwas Besonderes in Material und Form. Jeder Bildhauer hat die Chance, ernst genommen zu werden.
Das Projekt ist auch eine Alternative zum exponentiell gesteigerten, medienmächtigen Kunstkonsum, der sich nur durch die weitere Expansion von Ausstellungen der Superlative noch befriedigen lässt.
Tastwege führt den Besucher zum selbsthändigen Begreifen. Aus Erfahrung und Selbsterfahrung, wie sie dieses Projekt vermittelt, ergibt sich im kleinen, verlässlichen Rahmen ein unausschöpfliches Reservoir an fassbaren Sinneseindrücken. Eindrücke, die ihren Ausdruck suchen und finden werden, im Gespräch, in der sprachlichen Reflexion oder im stillen Bedenken.
Die Wendung zur Kunst in aller Stille ist das wesentlichste Ergebnis. Behutsam, geduldig, gelassen muss das Begreifen geschehen, soll das Verständnis wachsen.
Holzschalen
Sanfte Gefäße
gewachsen
geschnitten, gedreht, geschliffen
den Händen des Schnitzers entwöhnt
Geöffnet und offen gehalten
der alles umfassende Raum
die Form und die Sprache
das harmonische Wachstum
Gefäße voll Licht und Dunkel
Tage und Nächte hindurch
gleitende, leise Bewegung
tatenlos ruhende Hände
Schweigend gesammelte
fassbar gewordene Zeit
seltene, stille Gedanken
aus der Geborgenheit
[auf eine Schnitzer- und Drechslerarbeit von Martin Stachat, Berlin, 1994]
Wir alle erscheinen aus der Dunkelheit ins Licht –
und verschwinden wieder dorthin.
[Eugen Bavcar, blinder Fotograf, Paris]
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